1 Haltung von Terrarientieren

Die Haltung von Terrarientieren ist überaus anspruchsvoll und unterliegt teilweise einer Bewilligungspflicht (Art. 89 TSchV). Es ist von grösster Bedeutung, sich vor dem Kauf eines Tieres umfassend über seine Bedürfnisse und Verhaltensweisen zu informieren. Die Bereitschaft, einem Tier über dessen gesamte Lebensdauer einen artgerechten Lebensraum mit angepasstem Klima zu bieten, ist die Grundvoraussetzung für die Haltung von Terrarientieren. Dabei sollte den Tieren weit mehr geboten werden als die Mindestvorschriften der Tierschutzgesetzgebung gemäss Anhang 2 Tabelle 5 und 6 TSchV (PDF) erfordern. Gemäss Anhang 2 Vorbemerkungen K TSchV müssen Gehege, ungeachtet der in den Tabellen im einzelnen festgehaltenen Vorgaben, mit den der jeweiligen Art entsprechenden Funktions- und Klimabereichen angemessen ausgestattet sein. Der für die jeweilige Art optimalen Raumnutzung ist grosse Beachtung zu schenken. In die Entscheidung und Planung miteinzubeziehen ist überdies die hohe Lebenserwartung vieler Arten.

Seit 1. März 2015 ist die Verordnung des BLV über die Haltung von Wildtieren (Wildtierverordnung) (PDF) in Kraft. Wie Art. 17 beschreibt, ist in ihrem Anhang eine Liste mit "ungefährlichen Giftschlangen" aufgeführt. Gemäss den Ausführungen des BLV ändert sich für diese Arten und alle anderen Arten, welche unter Artikel 89 TSchV Buchstabe f geregelt sind (z.B. Riesenschlangen) nichts bezüglich Haltebewilligung.
Das BLV betont auf seiner Webseite, "dass mit der neuen Wildtierverordnung alle bisher bekannten, nicht bewilligungspflichtigen Schlangenarten auch weiterhin ohne Bewilligung nach Tierschutzrecht gehalten werden können und dass 422 Giftschlangengattungen und deren Synonyme neueren Datums durch Experten als für den Menschen ungefährlich eingestuft wurden und somit ebenfalls von der Bewilligungspflicht nach TSchV befreit sind. Für die Haltung all dieser Schlangen wird kein Sachkundenachweis benötigt."
In Art. 4 wurde zudem die Beleuchtung präzisiert. Gemäss Abs. 2 muss der im natürlichen Lebensraum herrschende Hell-Dunkel-Rhythmus näherungsweise eingehalten werden, die Beleuchtungsstärke und die Beleuchtungsqualität sind den Verhältnissen im natürlichen Lebensraum anzupassen. Vor und nach der Hellphase ist jeweils eine graduelle Dämmerlichtphase einzuschalten. Wie bereits in Vorbemerkungen (Buchstabe J) zu Anhang 2 TSchV (PDF) beschrieben ist es auch gemäss Art. 4 Abs. 1 Wildtierverordnung untersagt, Tiere ausschliesslich im Hellen oder im Dunkeln zu halten.

Links

  • Informationsportal des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) über die Haltung von Schildkröten und anderen Kleintieren.
  • Webseite des BLV mit Hinweisen zu den am häufigsten gehaltenen Heimtieren und Informationen zu ihrer Eignung für Kinder (z.B. Reptilien), siehe auch den Test „Welches Tier passt zu mir“.

Kommentar zu den Gesetzen

Wir lehnen die Bezeichnung "ungefährliche Giftschlangen" strikt ab. Wir empfehlen weiterhin den Begriff "ungiftige Schlangen" zu verwenden. Wenn toxikologisch nicht relevante, also für den Menschen ungiftige Schlangen neu als „ungefährliche Giftschlangen“ bezeichnet werden, entsteht ein falsches Bild dieser Tiere. Diese spezielle Einteilung, welche Schlangen entweder zu den Riesenschlangen oder zu den Giftschlangen zählt, ist eine eigene Definition des BLV und wird so weder von der weltweiten Fachwelt noch von anderen Amtsstellen geteilt.
Wir rufen alle Schlangenhalter dazu auf, sich nicht durch diese neue Bezeichnung verunsichern zu lassen. Keine Schlange wurde am 1. März 2015 über Nacht giftig. Alle Arten, die bisher als harmlos galten, sind dies noch immer. Es gibt keinen Grund, die Tiere in Tierheimen abzugeben, illegalerweise auszusetzen oder zu töten.  
Die Antwort der kantonalen Veterinärämter, wie die neue Verordnung konkret umgesetzt wird, steht noch aus.
Unsere Stellungnahme (PDF), in welcher wir auf diesen Missstand aufmerksam machen, wurde vom Präsidenten der SARA Sachkunde Reptilien Amphibien Schweiz unterstützt. Die DGHT Landesgruppe Schweiz hat selbst eine Stellungnahme eingereicht. 

Die Mindestanforderungen der Terrarien in Anhang 2 Tabelle 5 und 6 TSchV (PDF) sind allgemein gehalten und gehen zu wenig auf die spezifischen Bedürfnisse der meisten Arten ein. Vor allem für kletterfreudige Arten wie z.B. Bartagamen (Pogona vitticeps) mit einer Kopfrumpflänge von ca. 25 cm ist die vorgeschriebene Mindesthöhe von somit 75cm so niedrig, dass die Tiere nur beschränkt ihr natürliches Verhalten ausleben können. Auch bei sehr kleinen Arten wie z.B. dem Blauen Bambus-Taggecko (Phelsuma klemmeri), welcher adult eine Kopf-Rumpflänge von 4.5 cm erreicht, ergeben die gemäss Anhang 2 Punkt 30 TSchV (PDF) angegebenen Mindestmasse für zwei Tiere nur eine Grösse von 27x27x36 cm (Länge x Breite x Höhe). Für die bewegungsfreudigen Tiere ist dies klar zu wenig. Bei Jungtieren dieser Art, welche nur eine Kopfrumpflänge von 1-2 cm aufweisen, wäre ein Terrarium mit den Massen 12 x 12 x 16 cm (LxBxH) zulässig. Bei dieser geringen Terrariengrösse ist es kaum möglich sinnvolle Klimazonen einzurichten.

Eine Untergrenze, die auch bei kleineren Wirbeltieren nicht unterschritten werden darf, wäre daher wünschenswert. Als sinnvolle Ausnahmen könnten Behältnisse für die Winterruhe und Quarantänebehälter für die kurzfristige Haltung sehr kleiner Arten gesehen werden, wenn sich die Tiere z.B. nach Operationen oder bei Knochenbrüchen nicht übermässig bewegen dürfen oder für Jungtiere, welche Probleme mit der Futteraufnahme haben.

Auch die besonderen Anforderungen im Anhang 2 Tabelle 5 und 6 TSchV (PDF) sollten in Bezug auf einzelne Arten überarbeitet werden, da diverse Angaben für die betroffenen Tiere nicht artgerecht und mitunter lebensbedrohend sind. Beispielsweise werden für diverse Amphibienarten aus trockenen Biotopen anstelle von Bachläufen und flachen Wasserschalen Bassins vorgeschrieben. Diese bergen ausserhalb der Paarungszeit das Risiko, dass die Luftfeuchtigkeit im Terrarium zu hoch wird und es besteht die Gefahr, dass die Tiere ertrinken.
Für Riesensalamander (Andrias spp.) wird in den besonderen Anforderungen ein Trockenschlaf erwähnt, welcher für die rein aquatisch lebenden Tiere nach kurzer Zeit tödlich enden würde.

Für die per 1. Januar 2014 in Kraft gesetzte Teilrevision der Tierschutzverordnung hat die DGHT Landesgruppe Schweiz einen umfassenden Änderungsvorschlag (PDF) im Hinblick auf Anhang 2 Tabelle 5 und 6 TSchV (PDF) beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) eingereicht, der bedauerlicherweise in vielen Punkten unberücksichtigt geblieben ist.

 

Published on 01.05.2014, 14:22:11.
Last updated on 23.03.2015, 16:57:08.
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